Von der Krankenkasse finanzierte Therapien wie Psychoanalyse, Tiefenpsychologie, kognitive Verhaltenstherapie (CBT) und dialektische Verhaltenstherapie (DBT) sind unschätzbare Hilfsmittel für die Behandlung einer Vielzahl von psychischen Problemen. Wenn es jedoch um Trauma geht, stehen diese Therapien oft vor besonderen Herausforderungen.
Traumata, insbesondere komplexe oder schwere Formen, haben tiefgreifende Auswirkungen auf unser Gehirn. Es unterbricht die Nervenbahnen und verändert die Struktur des Gehirns, insbesondere in Bereichen, die mit der Emotionsregulierung und der Stressreaktion zusammenhängen. Diese Veränderungen können ein Hindernis darstellen, wenn man versucht, das Trauma mit traditionellen Gesprächstherapien zu behandeln.
Psychoanalyse, Tiefenpsychologie, CBT und DBT stützen sich in erster Linie auf Sprache und kognitive Prozesse, um psychologische Probleme zu erkunden und anzugehen. Dabei geht es darum, über Erfahrungen, Gefühle und Denkmuster zu sprechen. Traumata befinden sich jedoch nicht nur in den Sprachzentren des Gehirns, sondern sind auch tief in den sensorischen und emotionalen Bereichen verwurzelt, die außerhalb der Reichweite der Sprache liegen. Traumatische Erinnerungen werden oft in Form von Sinnesfragmenten, Emotionen und Körperempfindungen gespeichert, so dass sie durch verbale Kommunikation allein nur schwer zugänglich sind und verarbeitet werden können.
Darüber hinaus leiden Überlebende von Traumata häufig unter Hyperarousal und Hypervigilanz, was die Wirksamkeit herkömmlicher Therapien zusätzlich beeinträchtigen kann. Wenn sich Menschen in einem Zustand ständiger Wachsamkeit befinden, ist es für sie schwierig, sich effektiv an Reflexions- und Ausdrucksprozessen zu beteiligen.
Hier ein kurzer Überblick über die von der Krankenkasse bezahlten Therapien
Psychoanalyse
Die Psychoanalyse ist eine psychotherapeutische Methode, die von Sigmund Freud entwickelt wurde. Sie basiert auf der Annahme, dass unbewusste Gedanken, Emotionen und Konflikte einen erheblichen Einfluss auf das Verhalten und die psychische Gesundheit eines Menschen haben. In der Psychoanalyse erkundet der Therapeut mithilfe von Gesprächen und freien Assoziationen die tiefsten Schichten des Unterbewusstseins des Patienten. Ziel ist es, verborgene Konflikte und Muster aufzudecken, um sie zu verstehen und zu bewältigen.
Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
Die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie ist eine Therapieform, die ebenfalls auf den Theorien von Sigmund Freud und anderen Psychoanalytikern basiert. Sie konzentriert sich auf die Erforschung unbewusster Prozesse und Konflikte, legt jedoch weniger Wert auf die umfassende Analyse der Vergangenheit. Stattdessen zielt sie darauf ab, aktuelle Probleme und Symptome zu verstehen und zu behandeln, indem sie unbewusste Konflikte und Mechanismen aufdeckt und in den Zusammenhang mit der Gegenwart stellt.
Kognitive Verhaltenstherapie
Die kognitive Verhaltenstherapie ist eine evidenzbasierte Therapieform, die darauf abzielt, destruktive Denk- und Verhaltensmuster zu identifizieren und zu verändern. Sie geht davon aus, dass Gedanken, Emotionen und Verhalten miteinander verknüpft sind und beeinflusst werden können. In der Kognitiven Verhaltenstherapie arbeiten Therapeut und Patient zusammen, um negative Gedankenmuster zu erkennen, zu hinterfragen und durch gesündere Denkweisen zu ersetzen.
Dialektisch-Behaviorale Therapie
Die Dialektisch-Behaviorale Therapie ist eine spezialisierte Form der kognitiven Verhaltenstherapie, die ursprünglich zur Behandlung von Borderline-Persönlichkeitsstörungen entwickelt wurde, aber auch bei anderen emotional instabilen Zuständen angewendet wird. Die Dialektisch-Behaviorale Therapie kombiniert kognitive Ansätze mit Achtsamkeitstechniken und dialektischen Prinzipien. Sie hilft den Patienten, ihre Emotionsregulation, zwischenmenschlichen Fähigkeiten und Stressbewältigungsfertigkeiten zu verbessern.
Die Ausrichtung auf Sprache bedeutet nicht, dass diese Therapien bei Traumata völlig unwirksam sind. Sie können wertvolle Unterstützung, Bewältigungsstrategien und Einblicke in bestimmte Aspekte der Traumaerfahrung bieten. Allerdings reichen sie allein möglicherweise nicht aus, um die zentralen neuronalen Prägungen des Traumas zu behandeln.
Hierbei ist es wichtig zu wissen, in welchem Teil unseres Gehirns traumatische Erfahrungen stattfinden bzw. gespeichert werden.
Das Reptilien- oder auch Stammhirn ist der entwicklungsgeschichtlich älteste Teil des Gehirns. Es steht am Anfang der Entwicklung von vor ca. 280 Mio. Jahren und geht direkt in das Rückenmark über. Es reguliert lebenswichtige Funktionen wie Atmung, Herzschlag, und den Blutdruck und steuert unsere unbewussten Reflexe und Instinkte wie Flucht oder Kampf. Die meisten seiner Prozesse laufen automatisch und werden nicht bewusst gesteuert.
Das über dem Stammhirn liegende limbische System oder auch Zwischenhirn entwickelte sich vor ca. 165 Mio. Jahren und ist für soziale Fähigkeiten und Bindungen verantwortlich. Es steuert und bestimmt unsere Persönlichkeit wie Gefühle, Gewissen, Bedürfnisse und Empathie. Es entstand mit der Erfahrung, dass Lebewesen z.B. in der Gruppe sicherer sind.
Der Neocortex ist der jüngste Teil unseres Gehirns und vor ca. 200.000 Jahren entstanden. Der auch als präfrontale Hirnlappen bezeichnete Neo Cortex ermöglicht uns eine abstrakte Art des Denkens und Fühlens. Diese am weitesten entwickelte Hirnfunktion schafft eine kognitive Ich-Identität, die es uns ermöglicht zu abstrahieren und vorauszuplanen.
Ein Trauma entsteht, wenn ein Ereignis auf den Körper bzw. den Organismus trifft und ihn überwältigt. Weder Flucht noch Kampf sind möglich und die sogenannte “Totstellreaktion” oder “Erstarrungsreaktion” tritt ein, um sich vor der Bedrohung zu schützen. Diese Reaktion des autonomen Nervensystems ist eine Überlebensreaktion, die automatisch im Körper passiert, wobei der Neo-Cortex und das limbische System heruntergefahren werden, da beide zu komplex und langsam für eine schnelle Reaktion sind, d.h. die Reaktion auf ein traumatisches Erlebnis ist instinktiv. Im Hirnstamm wird eine große Energiemenge frei, die außergewöhnliche körperliche Leistungen ermöglicht. Wenn es dem Organismus nicht möglich ist, diese große Menge an Energie durch Kampf oder Flucht zu verbrauchen und der Situation aktiv zu begegnen, kommt es zu einem Zustand höchster Erregung gekoppelt mit gleichzeitiger Erstarrung. Wenn die Reaktionskette vom Körper nicht ausagiert werden kann, bleibt sie als Trauma im Nervensystem gespeichert und kann kognitiv, also über Sprache, nicht mehr in das biografische Gedächtnis integriert werden. Es entsteht dauerhaft Angst und Panik, als sei man immer noch mitten im traumatischen Geschehen. Die in der Folge entstehenden schweren psychischen Störungen wie die posttraumatische Belastungsstörung, Dissoziation und Depression chronifizieren sich im weiteren Verlauf des Lebens.
Ein Trauma ist somit keine Erkrankung, sondern der natürliche Versuch des Organismus diese nicht ausagierte Energie zu kompensieren. Es handelt sich also um eine physiologische, im Körpergedächtnis gespeicherte Störung, und aus diesem Grund sind gesprächsbasierte Formen der Psychotherapie bei Trauma selten erfolgreich.
Im Rahmen meines traumasensiblen Coachings unterstütze ich den Organismus dabei, diesen unvollständigen Prozess zu Ende zu bringen, indem ich die im Körper gespeicherten Erfahrungen mit einbeziehe.